Unsere Wein-Knigge-Regeln

Als Weinexperte gibt es für mich natürlich so einige Wein-No-Gos. Im beruflichen Kontext nehme ich diese ernst, doch im Privaten sehe ich das lockerer. Die Weinwelt ist schon einschüchternd genug. Bei jedem Schluck Wein ungefragt zu belehren, empfinde ich als übergriffig. Meine Vision ist es, Wein für alle zugänglich zu machen. Ständig meine Mitmenschen zurechtzuweisen, wäre dabei wohl kontraproduktiv – fast so, als würde ich Wasser predigen und Wein trinken. Insofern ist das hier ein sicherer Hafen für ein paar Wein-Knigge-Regeln.

Nehmen wir zuerst das Weinglas zur Hand. Ich beobachte immer wieder, wie dieses grosszügig bis zum Rand gefüllt wird. Was spendabel scheint, ist nicht wirklich vorteilhaft. Wein braucht wortwörtlich Raum, damit sich die Aromen entfalten können. Und bitte halten Sie doch das elegante Weinglas am Stiel. Der Wein erwärmt sich durch die Körperwärme schneller, als Sie trinken können; ganz zu schweigen von den unschönen Fingerabdrücken.

Eine weitere Red Flag sind für mich zu warme Rotweine ohne jegliche Frische. Früher galt ja die Zimmertemperatur als Massstab für die ideale Serviertemperatur. Da heute stärker geheizt wird, gilt dieser Gradmesser als überholt. Ideal sind 16 bis 18 Grad Celsius – kühlen Sie also den Rotwein ruhig, bevor die Gäste eintreffen; vor allem im Sommer! Und wenn wir gerade dabei sind: Legen Sie sich eine Kühlmanschette zu. Zu warme Weine mit Eiswürfeln zu kühlen, verwässert den Wein ungemein.

Der Genuss eines Weines beginnt für mich eigentlich schon vor dem ersten Schluck. Rauchen oder Zähneputzen direkt vor dem Weintrinken? Bitte nicht! Denn dies beeinträchtigt den Geschmackssinn; es legt sich wortwörtlich ein grauer Vorhang über alle Duftnuancen.

Und dann gibt es noch die Fraktion der sogenannten Wine Snobs. Diese erkennen Sie an Sätzen wie «Ich trinke ausschliesslich Bordeaux-Weine» oder auch «Ich öffne keine Weinflasche, die nicht mindestens 90 Parker-Punkte hat». Für mich insofern ein No-Go, da es die unendliche Weinvielfalt limitiert und den eigentlichen Genuss auf eine fast schon elitär anmutende Ebene hebt.

Am Ende des Tages sind dies lieb gemeinte Anregungen, um den Weingenuss zu maximieren. Ob Sie diese Tipps zu Herzen nehmen, bleibt natürlich Ihnen überlassen. In diesem Sinne: Ein Hoch auf eine zugängliche(re) Weinwelt.

Dieser Journalbeitrag ist in gekürzter Form in unserer Weinkolumne in der Coop Zeitung erschienen