Mildere Winter, hitzigere Hochsommer und dementsprechend längere Vegetationsperioden: Der Klimawandel ist längst im Weinberg angekommen – keine Frage! Diese klimatischen Veränderungen scheinen auf den ersten Blick vielleicht nicht so verheerend, doch weit gefehlt. Sie stellen viele Winzerinnen und Winzer vor nicht zu unterschätzende Herausforderungen.
Klar – durch die steigenden Temperaturen reifen Trauben tendenziell schneller aus. Allerdings hinkt die Entwicklung der Aromen der erhöhten Zuckereinlagerung dem schnelleren Säureabbau hinterher. Die Folge: alkoholreichere Weine oder eben säurearme Weine mit Restsüsse. Ein komplexer Drahtseilakt zwischen Zucker, Säure und Aromen!
Doch nicht nur das. Auch das Spätfrost-Risiko in den ersten beiden Quartalen nimmt aufgrund der wärmeren Wintermonate zu. Da die Reben früher austreiben, sind sie vor den üblichen Kälteeinbrüchen im Frühjahr nur bedingt geschützt. In äusserst trockenen Regionen Spaniens oder im Süden Italiens sorgen dagegen verlängerte Dürreperioden in den Sommermonaten für einen regelrechten Überlebenskampf – dort ist Wasserknappheit längst Realität.
Es braucht also – besser über kurz als lang – resistentere Sorten, die diesen Klimaveränderungen standhalten können. Dem mürrischen Pinot Noir beispielsweise ist es – je nach Lage und Anbaugebiet – bereits heute zu heiss bzw. zu trocken. Und was dann leidet, ist klar: die Qualität des Endprodukts und natürlich die Gesundheit der Rebe.
Viele traditionelle Weinregionen haben es (noch) schwer. Denn die jahrhundertealten Traditionen wie auch die regionaltypischen Identitäten will man – verständlicherweise – nicht einfach aufgeben. Und so verlagert sich der Weinbau vermehrt in nördlichere Regionen dieser Welt; neue Weinanbaugebiete entstehen. England entwickelt sich immer mehr zu einer ernstzunehmenden Schaumweinregion. Auch Dänemark und sogar Skandinavien experimentieren mit kommerziellem Weinbau. Der Schweizer Weinbau profitiert zwar noch leicht von der Erwärmung – aber wie lange noch?
Ich glaube: Die Weinwelt, wie wir sie kennen, wird sich verändern. Die Winzerinnen und Winzer werden Wege finden, sich anzupassen – mit neuen Anbaumethoden, anderen Rebsorten und innovativen Techniken. Die Frage ist nur: Wie schmeckt der Wein der Zukunft?
Dieser Journalbeitrag ist in gekürzter Form in unserer Weinkolumne in der Coop Zeitung erschienen




