Der Weinkonsum weltweit ist ja seit Jahren rückläufig. Und auch die junge Gen Z kehrt dem vergärten Traubensaft scheinbar den Rücken. Alle wissen, dass wir die altbackene Weinwelt entstauben müssten, doch leider vermarkten viele Player ihre Qualitätsprodukte noch ähnlich wie anno 2003 – sorry! Da ist es ja möglicherweise fast einfacher, mit Alternativen aufzuwarten, die dem veränderten Konsumverhalten gerecht werden. Die Rede ist von alkoholfreien Weinen.
Doch bevor Sie jetzt unbeobachtet die Nase rümpfen, lohnt sich ein Blick darauf, was Null-Prozent-Wein eigentlich ist – und was er geschmacklich draufhat.
Anders als reiner Traubensaft ist alkoholfreier Wein tatsächlich „echter“ Wein. Er wird also normal vergoren und in der Regel im Anschluss entalkoholisiert. Dafür gibt es verschiedenste Methoden:
- Bei der Vakuumdestillation wird der Alkohol bei niedriger Temperatur verdampft.
- Bei der Umkehrosmose kommt ein feiner Filter zum Einsatz, um die Alkoholmoleküle zu entfernen.
- Bei der sogenannten Spinning-Cone-Technik werden die einzelnen Stoffe im Wein auseinandergebrochen und anschließend wieder zusammengesetzt – dann halt einfach ohne die Alkoholanteile.
Jede Methode hat Vor- und Nachteile, aber eines haben sie gemeinsam: Bei allen gehen wichtige Aromastoffe verloren. Plus: Alkohol ist auch ein wesentlicher Geschmacksträger beim Wein.
Aus meiner professionellen Sicht machen diese beiden Faktoren alkoholfreien Wein zu einem anspruchsvollen Balanceakt. Denn man beginnt – aufgrund der Bezeichnung der Ersatzprodukte – Äpfel mit Birnen zu vergleichen.
Die vielleicht wichtigste Frage: Schmeckt das überhaupt? Meine ehrliche Antwort: Es kommt drauf an. Während alkoholfreier Schaumwein aufgrund der Kohlensäure oft überraschend gut funktioniert, haben es Zero-Rotweine deutlich schwerer. Alkohol beeinflusst die Wahrnehmung von Tanninen und Struktur stark – ohne ihn wirken viele Rotweine dünn und eindimensional. Bei unalkoholischen Weiss- und Roséweinen klappt es wiederum schon besser, gerade wenn sie eine knackige Säure und eine gewisse Frische mitbringen.
Mein persönliches Fazit: Alkoholfreie Weine sind eine spannende Alternative, aber (noch) kein echter Ersatz. Doch am Ende geht es nicht nur um Alkohol. Es geht um Genuss – und der hat bekanntlich viele Facetten.
Dieser Journalbeitrag ist in gekürzter Form in unserer Weinkolumne in der Coop Zeitung erschienen




